Freitag, 22. Juni 2012

Lebens-Kunst-Nischen: Existenzielle Eifersucht & Verfehltes Glück




"Existenzielle Eifersucht" bezeichnet das Gefühl, das ein dem eigenen entgegengesetzter Lebensentwurf Lebens- und Freiheitsspielräume verwirklicht, zu denen einem selbst der Mut, das Glück und letztlich auch der Glaube fehlt, dass sie überhaupt verwirklichbare Möglichkeiten darstellen. 
Ein solches Gefühl, das mitunter durch gelungene Selbsteinrichtungen jenseits von Büro- und Schreibtischwirklichkeit provoziert wird, bekämpft man - wie jede eigene Unsicherheit - am besten durch Veralberung oder Diskreditierung; alternativ gesteht man sich die eigene Provoziertheit ein und genießt die unerhörten Anblicke.
"Glück ist das Mögliche in seiner Verfehlung: dasjenige Mögliche, das zu seiner Zeit unmöglich in Wirklichkeit umgesetzt werden konnte, dasjenige Mögliche, das einem Un-möglichen entspringt. Nur dies Glück, das un-mögliche, provoziert Neid. Denn Neid ist ein Affekt, der nicht einem Wirklichen gilt, sondern einem verstellten, nicht verwirklichten und deshalb immer noch offenen Möglichen. Woran der Neid sich entzündet, ist für Benjamin nicht das Glück eines Anderen, sondern das möglich gewesene und nicht wahrgenommene eigene Glück. [...] Glück ist eine kontingente Möglichkeit des Gewesenen, die sich für eine andere Zeit, zunächst also für diejenige Zukunft, die jetzt Gegenwart ist, bewahrt."
(Hamacher, ´Jetzt´. Benjamin zur historischen Zeit)
[Re-Entry vom 17.05.11]

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